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Obwohl Aussagen wie "Musik ist gemeinsame Sprache aller Länder" oder "Musik kennt keine nationalen Grenzen" weit verbreitet sind und auch ihre Richtigkeit in einem bestimmten Kontext haben, ist doch auch sehr auf wesentliche Unterschiede in der Musikauffassung und dem Verständnis der Musik in verschiedenen Ländern Wert zu legen. Je nach Blickrichtung lässt sich eine Theorie, eine Betrachtungsweise, welche das, was die Musik an Allgemeinem besitzt, oder eine, welche das Besondere im Vergleich zu anderen Auffassungen herausstellt, aufbauen und auch mit einleuchtenden Beispielen verdeutlichen.
Was ist nun das Besondere an der japanischen Musik? Die folgenden Ausführungen stützen sich auf die Schriften des japanischen Autors Eishi Kikkawa [7], der sich stark gegen eine auch in Japan spürbare Tendenz wehrt, japanische Musik mit westlichen Kriterien zu betrachten.
Verschiedene Musikstile und ihre Instrumente
Bsp. Suwa-Ikazuchi
Suwa-Daiko Hozonkai (Ausschnitt)
In den meisten Kulturen ist die Musik der Trommelns und des Rhythmus' ein erster Zugang. Der urtümliche Zusammenhang zwischen Trommeln und Tanz und zwischen Trommeln und Ritual ist allen Kulturen vorhanden und damit etwas grundlegend Menschliches. Die Trommel, häufig auch Stimme der mächtigen Gottheit oder Stimme des Menschen zur Gottheit mag auch für uns den Einstieg in die japanische Musik erleichtern.
In jeder Gesellschaft, in der Landwirtschaft eine bedeutende Rolle spielt werden die Jahreszeiten und die wichtigen agrikulturellen Ereignisse des Jahres mit Zeremonien und Festen gefeiert. Eine reiche Ernte oder ein erfolgreich abgeschlossener Hausbau sind Gründe für ein mit Musik und Tanz begleitetes Fest. Eine andere Ebene ist die Kontaktnahme zu den Kräften der Natur, die in mächtigen Gottheiten personifiziert werden können. In Japan, wo verschiedene Religionen nebeneinander gepflegt werden können, nimmt für diese Art von Naturfesten der Shintoismus eine zentrale Stellung ein. Das gehörte Beispiel aus der Präfektur Nagano, im japanischen Mittelland der Hauptinsel Honshu, stellt den Klang des Donners und die Macht des Wetters dar. Die Musik, wie viele Trommelmusik der Welt, beruht auf beschwörenden, tranceartigen Wiederholungen und auf der unmittelbaren Erfahrbarkeit des mächtigen Klanges der Trommeln. Die Trommelmusik im rituellen Zusammenhang dient auch vielfach zur Begleitung eines darstellenden, magischen Tanzes oder zur Strukturierung von Gebeten.
Die japanischen Trommelmusik hört sich im Vergleich zur afrikanischen, südamerikanischen oder indischen Trommelkunst anders an. Einerseits sind die Instrumente anders, andrerseits scheint eine andere musikalische Sprache gesprochen zu werden. Die einzelnen Rhythmen sind im Ablauf vielfältig, werden aber nicht in gleicherweise wie in der afrikanischen Musik polyphon in der Gleichzeitigkeit benutzt. Zudem lassen sich gemessenere, langsamere und einfachere Tanzschritte als bei afrikanischer Musik vorstellen.
Die Instrumente
Die japanische Musik kennt eine grosse Anzahl von Trommeln, die für jede Musikgattung ihre spezielle Bauweise und Funktion haben. In dem gehörten Beispiel werden neben Glocken und Muschelhörnern die grosse Trommel O-Daiko und die kleineren Taiko, beide gespielt mit groben Holzstöcken verwendet.
Die O-Daiko, eine fassförmige Trommel mit Fellen auf beiden Seiten wird meistens auf einem Gestell liegend gespielt und kann von zwei Seiten geschlagen werden. Ein eindrückliches Beispiel einer O-Daiko konnte ich selbst an einem Matsuri im Herbst in der Nähe von Takayama miterleben. Eine riesige Trommel, von mehreren Dutzend Männern auf einer flossartigen Plattform durch die Strassen getragen, wurde von zwei, in höchster Konzentration rittlings auf der Trommel sitzenden Männern, welche Rücken an Rücken aneinander festgebunden waren, in unendlich langsamen, aber äusserst spannungsvollen Puls geschlagen. Der langsame Schlag dieser O-Daiko durchdröhnte durch die ganze dörfliche Nacht!
Zu diesem mächtigen Klang kommt der viel hellere und durchdringendere der Taiko, welche auch auf Gestellen , meist schräg liegend mit Stöcken gespielt wird. Eine verwandte Trommel, eleganter und feinsinniger gebaut, findet auch in der Musik des Nô Verwendung.
Zu diesen Trommeln kommen häufig noch Flöten (take-bue) und die Stimme, welche auch als Signalgeber oder Spannungserzeuger eingesetzt werden.
Die Volksmusik und rituelle Musik
In den meisten Kulturen ist die Musik der Trommelns und des Rhythmus' ein erster Zugang. Der urtümliche Zusammenhang zwischen Trommeln und Tanz und zwischen Trommeln und Ritual ist allen Kulturen vorhanden und damit etwas grundlegend Menschliches. Die Trommel, häufig auch Stimme der mächtigen Gottheit oder Stimme des Menschen zur Gottheit mag auch für uns den Einstieg in die japanische Musik erleichtern.
Die bürgerliche Musik
Die vielleicht uns am vertrautesten, für viele Hörer auch die typischste Musik aus Japan mag die Kotomusik sein. Diese Musik mit ihren leicht wirkenden Melodien und meist von japanischen Frauen im traditionellen Kimono anmutig gespielt erfreut sich in touristischen Kreisen in Japan und an japanischen Kulturanlässen grosser Beliebtheit.
Die erzählende Musik
der Ritter
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Die Hofmusik
Die Hofmusik, die seit dem 8 Jh. durch ein Hoforchester gespielt wird, gehört zu den ältesten noch erhaltenen und noch praktizierten Ensemblestücken der Welt. Das Repertoire des Hoforchesters hat sich seit Jahrhunderten nicht verändert und lässt einen Hauch einer alten Klangwelt erahnen, die schon längst in der Vergangenheit verstummt ist.
Vom Charakter der japanischen Musik
Obwohl Aussagen wie "Musik ist gemeinsame Sprache aller Länder" oder "Musik kennt keine nationalen Grenzen" weit verbreitet sind und auch ihre Richtigkeit in einem bestimmten Kontext haben, ist doch auch sehr auf wesentliche Unterschiede in der Musikauffassung und dem Verständnis der Musik in verschiedenen Ländern Wert zu legen. Je nach Blickrichtung lässt sich eine Theorie, eine Betrachtungsweise, welche das, was die Musik an Allgemeinem besitzt, oder eine, welche das Besondere im Vergleich zu anderen Auffassungen herausstellt, aufbauen und auch mit einleuchtenden Beispielen verdeutlichen.
Was ist nun das Besondere an der japanischen Musik? Die folgenden Ausführungen stützen sich auf die Schriften des japanischen Autors Eishi Kikkawa [7], der sich stark gegen eine auch in Japan spürbare Tendenz wehrt, japanische Musik mit westlichen Kriterien zu betrachten.
Die Musik in religiösem Kontext: Shakuhachi
Als letztes Beispiel der japanischen Musik, welche in diesem Zusammenhang sicher nicht umfassend behandelt werden kann, möchte ich die Musik der japanischen Bambusflöte Shakuhachi erwähnen. Diesem Instrument und seiner Musik ist der dritte Teil dieses Referats gewidmet, in dem ich detailliert und beispielhaft einige schon kurz erwähnten Aspekte der japanischen Musik ausführen möchte.
Die parallele Entwicklung in der japanischen Musik
In der japanischen Musik fand und findet sich eine eigenartige Gleichzeitigkeit verschiedener Stile der Musik, welche im Westen und in anderen japanischen Künsten kaum anzutreffen ist. Wenn im Westen von einer Ablösung eines Stils durch einen anderen gesprochen werden kann, so kamen in Japan alle verschiedenen Musikgattungen und -stile nacheinander zusammen und blieben erhalten, ohne dass die vorhergehende Kunst verneint oder als veraltet abgetan wurde. So gibt es bis heute Musik, die sich auf eine mehrere tausend Jahre alte Geschichte stützen kann [8] und immer noch praktiziert wird. Natürlich hat sich die Musik verändert, aber eher in einer evolutionären als in einer revolutionären Weise. Andere Menschen, andere Zeiten bringen andere Musik hervor, empfinden anders, drücken sich anders aus. Und dennoch wurde und wird die Musik einer bestimmten Gattung immer noch so weitergegeben und weitergepflegt, wie sie immer schon war.
Der Begriff "Japanische Musik"
Immer wieder wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass es in Japan lange keinen zusammenfassenden Begriff " Musik" gab, sondern nur verschiedene Worte für verschiedene musikalische oder mit Musik begleitete Künste. So ist es äusserst schwierig, verallgemeinernd über japanische Musik zu sprechen. Vielmehr sind bestimmte Eigenheiten in verschiedenen Kunstformen wie Nô, Shakuhachi-Honkyoku, Gagaku usw. vergleichbar und vielleicht als Gesamtheit für japanische traditionelle Musik typisch.
Riten und Musik
Der Mensch wird nach konfuzianischer Ansicht durch Riten und Musik gebildet. Die Riten ermöglichen ihm eine gewissermassen soziale, die Musik eine individuelle Ethik. Beides geht ineinander über und ist dennoch voneinander unterschieden.
Der Geist von Harmonie, Ehrfurcht, Reinheit und Stille
Die japanischen Künste wurden stark von buddhistischen, vor allem Zen-buddistischen, Idealen beeinflusst. Das vorgängig beschriebene Konzept von Riten und Musik findet ihre deutliche Ausprägung im japanischen Geist der Harmonie, Ehrfurcht, Reinheit und Stille.
Die Bedeutung der Lehrmethoden in der japanischen Musik
Wie viele japanische Künste wird auch die Musik als Kunstweg aufgefasst. Es geht im Erlernen einer Kunst nicht nur um das Ausübenkönnen der dazu nötigen Fertigkeiten, sondern auch um eine moralische und ethische Schulung des Menschen. Die Auswirkungen auf die Lehrmethoden sind vielfach und können in diesem Zusammenhang nur angedeutet werden.
Die Musiktheoretischen Grundlagen
Aus den bisherigen Erläuterungen ist einzusehen, dass die musiktheoretischen Abhandlungen in der traditionellen Musik Japans eine ganz andere inhaltliche Ausrichtung haben müssen als in der westlichen Welt.
Literaturangaben ↓
William P. Malm, Japanese Musik and Musical Instruments, Charles E. Tuttle Company Tokyo
H.Paul Varley, Japanese Culture, Charles E. Tuttle Company Tokyo
Andreas Gutzwiller, Die Shakuhachi der Kinko-Schule, Bärenreiter Kassel
Eishi Kikkawa, Vom Charakter der Japanischen Musik, Bärenreiter Kassel
Ingrid Fritsch, Die Solo-Honkyoku der Tozan-Schule, Bärenreiter, Kassel
Thomas Hoover, Die Kultur des Zen, Diederichs Gelbe Reihe, Köln
div. Japan, rororo Sachbuch, Reinbeck
Silvain Guignard (Hrsg, Musik in Japan, iudicum verlag, München
Basic Hall Chamberlain, ABC der japanischen Kultur, Manesse Bibliothek, Zürich
Peter SU Markus, Taiko Do; Der Trommelweg, Arun Verlag, Engerda
[1] Murasaki Shikibu:Die Geschichte vom Prinzen Genji, übers. Oskar Benl, Manesse Verlag
[2] Sei Shonagun: Das Kopfkissenbuch der Dame Sei Shonagun. Insel-Bücherei (Auszüge)
[3] "san" jap. :drei "kyoku" jap.: Musikstück
[4] „aufgeklärte Zeit“: nach Kaiser Mutsuhito(Meiji Tenno), benannte Zeit (1867-1912), gekenntzeichnet durch eine Restauration der kaiserlichen Macht, Ausschaltung des Shogunats, Industrialisierung Japans und Anschluss an die abendländische, westliche Entwicklung.
[5] 1336-1573, benannt nach einem Viertel in Kyoto, in welchen die Shogune der Familie Ashikaga in prächtigen Palästen wohnten. Eine Zeit der Kunst-Renaissance. Der goldene und der silberne Pavillon (Kinkaku-ji und Ginkaku-ji) entstanden.
[6] aus "Thomas Hoover" , Die Kultur des Zen , Diedrichs Gelbe Reihe. S. 160
[7] Eishi Kikkawa, Vom Charakter der japanischen Musik, Studien zur traditionellen Musik Japans Band 2, Bärenreiter , Kassel.... 1984
[8] z.B. Gigaku aus Nara Zeit 710-784, musikalische Maskendramen, ursprünglich aus Tibet und Indien; Gagaku, Hoforchester, aus der Heian- Zeit 794-1185; NôTheaterform mit Musik, Tanz und Musik aus der Kamakura- und Muromachizeit 1185-1333 resp 1338-1573; Jôruri und Sankyoku der Tokugawa- Zeit 1600-1867
[9] Reigaku: rei: „Höflichkeit, Etikette, Riten, Regeln für angemessenes und schickliches Verhalten“, gaku: „Musik“. Der Mensch bildet seinen Charakter durch die Riten, durch die Musik wird er verfeinert. (nach Konfuzius)
[10] wird um 140-87 v.Chr. datiert, neu geschrieben im 1.Jh n.Chr,Kikkawa S.15
[11] sieh oben. bun bedeutet hier in der japanischen Lesung Ornament, Kunstfertigkeit, Muster, Dessin, Plan, Entwurf. Kikkawa S.18
[12] Kikkawa S. 26
[13] Auf die doppelte Bedeutung von „Harmonie“ in diesem Zusammenhang soll noch hingewiesen werden. Im weiten Sinne kann Harmonie als „eine den Gesetzen derÄsthetik entsprechende Übereinstimmung der Teile in einem gegliederten Ganzen“ (Philosophisches Lexikon, hrsg. von Georgi Schischkoff) verstanden werden. Anderseits wird mit „Harmonie“ auch die ästhetische Regelung der Zusammenklänge in der Musik gemeint.
[14] Kikkawa, S. 62/63
[15] aus; Hitori Kotoba von Hisamatsu Fûyô, ca. 1830. in: Gutzwiller. Die Shakuhachi der Kinko-Schule, Bärenreiter1983, vergriffen)
